8.9.2021

Die «Edisons» aus dem Leimental

Therwil. Wer zu spät kommt, den bestraft die Kostensteigerung. Das haben die beiden Oberwiler LED-Produkteentwickler Kenny Martin und Nantakorn Sriprasert erkannt: Sie haben vor einem Jahr in Therwil eine Firma für Licht­design gegründet, weil sie gerüstet sein wollen, wenn die nächste Stufe der EU-Richtlinien für Energieeffizienz in absehbarer Zeit in Kraft treten wird. Diese werden auch der einheimischen Beleuchtung im öffentlichen und privaten Raum einige Knacknüsse bescheren.

Zumindest für die öffentliche Beleuchtung werden in naher Zukunft keine Hochdruck-Quecksilberdampflampen (HQL) mehr im Verkauf sein. Deswegen wird das Licht auf den Strassen aber nicht ausgehen. Die Alternative heisst LED. Diese Technologie, die noch bis vor Kurzem verhältnismässig teuer war und eher unbefriedigendes bläuliches Licht abgab, hat innert kürzester Zeit enorme Fortschritte gemacht. Durch stetig wachsende Produktion wurde sie rasch preisgünstiger und sie kann inzwischen auch qualitativ allen Ansprüchen genügen.

Die Krux bei der Modernisierung der Strassenbeleuchtung ist, dass nicht nur jede Gemeinde eine Vielzahl von verschiedenen Strassenlampenmodellen in Betrieb hat, sondern dass es nicht möglich ist, in die bestehenden Fassungen LED-­Leuchten einzuschrauben.


Besseres Licht und Energieersparnis in Therwil.

Bestehende Fassungen anpassen

Die beiden 27-jährigen Entwickler Martin und Sriprasert, die sich seit ihrer Oberwiler Kindergartenzeit kennen, begaben sich vor einem Jahr mit der Start-up-Firma Kenny Design GmbH in Therwil in die Selbstständigkeit, weil sie das grosse Potenzial zu erkennen glaubten, das in der neuen Technik und deren Anpassung an bestehende Fassungen schlummert. Ihrer Idee ging jedoch eine genaue Abklärung der Problematik voraus, weil die LED-Technik enorme Vorteile bei der Beleuchtung bietet: Man kann sie bündeln, fokussieren, streuen in einer Vielzahl auch asymmetrischer Formen und dimmen oder sie gar mit Bewegungsmeldern ausrüsten, da sie keine Vorwärmzeit brauchen, bis sie leuchten.

Das Resultat ihrer leidenschaftlichen Tüftelei auf der Basis ihrer Ausbildung in Kunststofftechnologie, Material- und Formtechnik im Fachgebiet Apparatebau ist nicht ein einzelner Adapter, sondern ein Gesamtkonzept. Dieses umfasst nicht nur das eigentliche Leuchtmittel, sondern beginnt schon bei der Planung, beim Bedarf, bezieht die Erfordernisse der bestehenden Installationen (Kandelaber, Bogenlampen usw.) ebenso ein, wie die Kostenrechnung und den Energiebedarf je nach Tages- und Jahreszeit.

Kompaktlösung senkt Kosten

Erst dann kommt das «Materielle» zum Zug, wobei dessen Formen und Modelle als Module entwickelt werden oder worden sind, aber stets mit dem hohen, möglichst werkzeuglosen Anspruch designt. Was das an Kosten­ersparnis bedeutet, kann man sich gut vorstellen, wenn man das Gewirr von Kabeln, Befestigungsmuffen, Schrauben in den riesigen Strassenlampenfassungen mal gesehen und beobachtet hat, auf welcher gefährlichen Höhe und unter welcher empfindlichen Störung des Verkehrs die Arbeiten vorgenommen werden müssen.

Die Entwicklungskonzepte der Jungunternehmer haben bereits die Gemeinden Oberwil, Therwil, Reinach, Zermatt und weitere Ortschaften im Baselbiet und im Wallis überzeugt. Nicht zuletzt deswegen, weil eine Gesamtkonzeption eine Kostenersparnis von bis zu zwei Dritteln gegenüber einer «Bastellösung» verspricht, wie die Lichtexperten versichern.

Die Gemeinde Oberwil beleuchtet bereits die Kirchgasse nach dem Konzept von Kenny Design und deren Modulfassungen in den bestehenden Kandelabern. Speziell dabei ist, dass jede Modulfassung zuvor per Computer- simulation einem individuellen Leuchtdesign angepasst werden kann, sodass beispielsweise eine wesentlich geringere Blendung der bergauf fahrenden Verkehrsteilnehmer möglich ist oder dass nun endlich die strassenseitigen Schlafzimmer in Privatliegenschaften nicht mehr von der Strassenbeleuchtung erhellt werden.

Ein USB-Anschluss und eine von Heinz Martin, dem Vater von Kenny Martin, entwickelte Software machen es zudem möglich, dass die Leuchtrichtung oder -intensität einer Strassenlampe später jederzeit sogar vom sicheren Boden aus verändert werden kann – dies gänzlich ohne Computer, allein per USB-Stick.

Enorme Energieersparnis

Auch für zwei Altersheime haben die beiden LED-Moduleinsätze entwickelt, die nun in den bestehenden Fassungen ein weit effizienteres Licht ergeben. In Zermatt und Gelterkinden haben sie zwei Parkhäuser mit eigens von ihnen entwickelten Zwei-Meter-LED-Leuchtröhren derart ausgeleuchtet, dass die Energieersparnis nicht nur 60 Prozent beträgt, sondern auch eine erhöhte Lichtleistung erzielt werden konnte.

Das meiste Material für die Leuchtmittel sei auf dem spezialisierten Markt erhältlich und müsse lediglich klug abgestimmt und aufgrund überlegter Konzepte zusammengestellt werden, erklären die innovativen Entwickler. Kein Handyhersteller baue seine Geräte von A bis Z selber, sondern beziehe Platinen, Chips, LEDs aus aller Welt. Nach diesem Prinzip verfährt auch KennyDesign in Therwil. Mit dem Unterschied, dass die Firma keine Publikumsware entwickelt, sondern gutes Licht zu tiefen Preisen der Öffentlichkeit anbietet.

Von Jürg-Peter Lienhard – 25. Juli 2013