22.9.2021

Defibrillator für die Gesundheit des Leimentals

Alarm! Eine 59-jährige Frau ist vor der Pfarrkirche St. Katharina zusammengebrochen und atmet nicht mehr. Zum Glück ist diese Geschichte frei erfunden. Aber im Ernstfall kommt es auf jede Minute an. «Alle 60 Sekunden, in denen ein Mensch nicht reanimiert wird, sinkt seine Überlebenschance um zehn Prozent», erklärt Nicole Martin.

Die vierfache Mutter und Mitglied der Geschäftsleitung der Kenny DesignGmbH in Witterswil ist Erstantwortende, sogenannte First Responder. Bedeutet: Die Notrufzentrale144 bietet die geschulte Ersthelfende bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand auf, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken. «Bis die Ambulanz vor Ort ist, kann es im Leimental bis zu 20 Minuten dauern», erklärt Nicole Martin. Aber trotz dem Engagement der First Responder verläuft nicht jeder Einsatz erfolgreich. Die 41-Jährige erinnert sich an eine Situation in einem Nachbarsdorf, in der die betroffene Person nicht gerettet werden konnte. Speziell daran: Damals war kein Defibrillator in greifbarer Nähe. «Ob der Vorfall aufgrund des fehlenden Defibrillators tödlich endete, kann man natürlich nicht sagen. Aber mit diesem Gerät haben wir eine zusätzliche Unterstützung, um ein Mensch zurück ins Leben zu holen.»

Zu wenig Defibrillatoren im hinteren Leimental

Das Ereignis im Nachbarsdorf bewog Nicole Martin zum Handeln: «Wir haben als Firma entschieden, dass wir selbst einen Defibrillator anschaffen und diesen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen werden. Als First Responder bin ich überzeugt, dass in unserer Umgebung zu wenig öffentlich zugängliche Geräte vorhanden sind.» In Witterswil gibt es während den Schalteröffnungszeiten einen Defibrillator in der Gemeindeverwaltung sowie in der Raiffeisenbank. Ein weiteres, 24/7 zugängliches Gerät befindet sich auf dem Areal der Mehrzweckhalle.

Seit Mitte September ist nun auch ein Defibrillator am Eingang der Kenny Design GmbH an der Bättwilerstrasse 2 installiert. Der Standort direkt an der gut frequentierten Kreuzung mitten im Dorf ist ideal. «Als Betreiber stellen wir sicher, dass der Defibrillator an 365 Tagen im Jahr und rund um die Uhr zur Verfügung steht», betont die Personal- und Finanzverantwortliche von Kenny Design. An vielen Orten sei dies nicht der Fall. «Mein Appell an alle anderen Besitzer von Defibrillatoren: Registriert das Gerät bei der Defi-Karte und bei den First Respondern, damit man weiss, wo sich dieses befindet. Zweitens: Versucht, die Geräte 24/7 zugänglich zu machen.» Zudem fordert Nicole Martin die Gemeinden der ganzen Region dazu auf, Defibrillatoren flächendeckend zur Verfügung zustellen.

Der Standort des Defibrillators von Kenny Design an der Hauptstrasse ist ideal.

Aber kann jede Person einen Defibrillator einsetzen? «Grundsätzlich sind die Geräte intuitiv bedienbar», erklärt Nicole Martin. «Der Defi sagt, was zu tun ist. Unser Gerät gibt auch Feedback darüber, ob die Herzmassage korrekt durchgeführt wird.» Ebenfalls wichtig zu wissen: Ein Defibrillator übernimmt nicht die ganze Arbeit. Eine Herz-Lungen-Wiederbelebung von Hand ist in jedem Fall notwendig. Aber wie läuft eine solche Erste-Hilfe-Leistung ab? «Alarmieren ist immer der erste Schritt», erklärt Nicole Martin. Dann bringt man den Defibrillator zum Einsatz. «Um an unser Gerät zu gelangen, muss man bei der Box den roten Knopf drücken. Dann öffnet sich eine Schublade und man kann den Defibrillator entnehmen.» Nach dem die Elektroden angebracht sind, führt das Gerät eine Analyse über den Zustand des Patienten durch und meldet, ob ein Schock empfohlen wird. Anschliessend wird weiter manuell reanimiert. Diese Prozedur wird so lange wiederholt, bis die Rettungskräfte vor Ort sind und ihrerseits Anweisungen geben.

Um den Defibrillator zu nutzen, muss man den roten Knopf drücken.

15 Einsatzanfragen in zwei Jahren

Herz-Kreislauf-Notfälle gibt es mehr als man vielleicht denkt. In den vergangenen zwei Jahren als First Responder hatte Nicole Martin 15 Einsatzanfragen in ihrem Einzugsgebiet, das sich von Witterswil über Bättwil und Rodersdorf bis nach Metzerlen erstreckt. Als ehemalige Sprechstunden-Assistentin hat die 41-Jährige ein grosses medizinisches Interesse und ist motiviert, Menschen in Notsituationen zu helfen. «In der Vergangenheit war ich mehrfach zufälligerweise als Ersthelfende bei Verkehrsunfällen oder Kreislaufproblemen zur Stelle. Ich habe instinktiv und fachlich richtig gehandelt. Ich merkte, das liegt mir. Mit dem eigenen Defibrillator vor dem Haus können wir nun einen wichtigen Beitrag an die Gesundheit in unserer Region leisten.»